Hier ist eine Auswahl meiner bereits veröffentlichten Gedichte zu lesen:
Literatur im Internet (Copyright Angela Stamm 1999)
verloren im net
surfen von text zu web
reinfallen narr
was wäre literatur
sprachmüll lesen
suchen nach
der nadel im sprachhaufen
hilfewoist
ohne verstand wo
ist das gedicht
(Bibliothek deutschsprachiger Dichtung)
Licht und Schatten (2001)
Sonne taucht die Menschen ein
in ein Licht aus hellem Schein
Schatten gehen oft voraus
wenn wir suchen unser Haus
Menschen folgten ihren Schatten
wenn sie nichts gefunden hatten
außer diesen irren Wahn
der sie lenkt auf dunkle Bahn
Denn sie sind wie Lichter, die
Schatten werfen, so sind sie
Bis sie immer dunkler werden
Irrlichter sind wir auf Erden
Füße setzen sich in Gang
gehen schnell auf Schattenfang
fangen ihren eigenen Schatten
bis sie klanglos sanft ermatten
wenn ein rotes Ampellicht
ihren irren Willen bricht
(Veröffentlicht in der Bibliothek deutschsprachiger Dichtung)
Nie gehe ich auf die Palme (veröffentl. im Literamus Trier Nr. 22 "Dialog")
Ich sage einen Satz
Sie unterbricht mich
Ich erzähle etwas
Sie hört nicht zu
Ich stelle eine Frage
Sie antwortet nicht
Ich mache eine Feststellung
Sie widerspricht
Ich mache etwas
Sie will es besser machen
Ich habe kein Problem
Sie will mir helfen
Wir stehen vor einer Entscheidung
Sie entscheidet
Sie macht Fehler
Ich gebe sie zu
Ich mache Witze
Sie lacht nicht
Ich sage etwas Ernstes
Sie lacht
Ich habe einen Termin
Sie kommt dazu
Ich habe einen Plan
Sie will ihn mir ausreden
Sie schlägt etwas vor
Es interessiert mich nicht
Wir sind verabredet
Sie lässt mich warten
Ich muss weg fahren
Sie will mich wiedersehen ...
(Literamus Trier)
Zukunftsmusik
Die Bälle
der auf den Straßen
spielenden Kinder
stören immer noch
mehr als
die Bälle der Golfspieler,
die im Umfeld
eines Golfplatzes
umherflögen, wo
früher Vögel gesungen hätten,
baute man ihn
(Czernik-Verlag)
Vor der Entscheidung
Tausend Winke, goldige Sprüche
sollen vom Schlängelpfad locken,
den zu verlassen
das Ende wär - gib Acht!
Sie halten die Falle bereit,
und wenn du sie wählst,
winken sie wieder,
versprechen Glocken und Andacht,
vergessen, die Krähe wegzujagen,
die dein Herz zerhackt
(Czernik-Verlag)
Betr.: (offen) (1978)
Eine Schachtel mit verstaubten Weisheiten
steckst du in den infernalen Ofen,
um dann hastig ein Gebet lallend
die schwere Asche fort zu tragen
Seiten von verwesten Büchern,
Bilder längst vergangner Taten -
die altersschwache Menagerie
deiner gläsernen Träume
Du jagtest Menschenherzen,
das Buch in der rohen Hand
Zerstörte Nester
lockten deine Tränen
Du willst nur Sahne schöpfen
Das sieht man nicht gern
Fragt man dich nach dem Weg,
schüttelst du den Kopf,
steckst deine kalten Tränen
in abgenutzte Taschen, lächelst müde
und doch trotzig. Dein Hunger aber
interessiert uns nicht
(Veröffentlich im Literamus Trier)
A in Aussicht (1978)
Sag nicht nur A wenn du B meinst
öffne dein wahres Gesicht
Lach nicht zum Schein, wenn du still weinst
zeig deine innere Schicht
Lache, auch wenn du den Staub siehst
weine, auch wenn du dich schämst
Kehre dich ab, wo du Schein siehst
und schichte den Keim, den du zähmst
Lass dann den Garten sprießen
so, wie´s schon einmal geschah
Wenn sie die Tore dann schließen,
wird jedes B wieder zum A
(lyrikwelt, Hrsg. Christel Bode)
Chagall (1978)
fangspiel
beugt sich
den kindlichen formen
des seins
farbziel
verneigt sich vor
bildlichen normen
des scheins
an die starre
bilderwand
hast du IHN mit
blinder hand
fassbar haftend
aufgehängt
träumende poesie
verdrängt
(Mur de Poésie, Tours)
Da sein
Im fahlen Zimmer
fehlt die Sonne
Auf dem Papier
hat sie sich gemalt
Versunken in
einem Sonnenhut
träumst du
einen Weg her
Spaziergang am Fluss
der zwei Möglichkeiten:
Du und zurück
(Anthologie "Mit unseren Amaryllisblütenherzen" der fam99 Aachen, Hrsg. Birgit Bodden)
Cézanne (2001)
Wie malt man ein Bild?
Wie wild?
Der Mann denkt nach.
Ich auch.
Wie male ich den Berg?
Wie Ihr?
Alle Stile
habe ich versucht.
Es gibt nur einen
Cézanne
(Mur de Poésie, Tours)
Lesung
Verschrobene Undurchsichtigkeit
verspricht uns und sich
einen spitzen Abend
lippenlabend
Verwirrte Stimmen schwirren
am Mikrofon
Verirrte Schuhe suchen
einen Ausweg
Misshandelte Saiten kreischen
Laute Pause
Ein Gedicht wird exekutiert
Verhalten hält sich das Mikrofon
über Tränenwasser, derweil
die bunten Lichter trügen
Keine Pause
Am Trommelfell gar noch
in lauen Eiszapfen:
Das Klavier
(Triga-Verlag, Anthologie "Auf der Silberwaage")
Freiheit
Wir regeln alles mit Vernunft
anlehnen
wollen sich Tränen
erwachsen tun
ist kinderschwer
wir oder ihr
du oder wer
sie
zum Abschied
die grobzügigen Worte
entgegen geschnellt:
Du bist ein freier Mensch
Entscheide:
du oder du
(veröffentlicht bei MS-LYRIK)
Logik
Descartes:
Ich denke,
also bin ich
Der Narr:
Ich lenke,
also bin ich
der Größte
(veröffentlicht bei MS-LYRIK)
Ebenda
Gib deiner Stimmung den Gnadenschuss,
dann richte deinen Blick
auf die atmende Taunatur
Klar liegt jetzt der Weg
vor deinen zögernden Schritten
Schmeichelnd erhebt sich ein Weiß
den wachenden Augen entgegen
Freundlich bejahen die Füße
die Frage des Fremden,
finden sich wieder wie einst
Klar noch immer der Weg,
mit deinen Schritten
(veröffentlicht bei MS-LYRIK)